Editorial, Magazin

Epilog: Ton und Voice-over im Poetryfilm

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

mit What about the law gewann im Mai diesen Jahres ein Film den 1. Weimarer Poetryfilmpreis, der in besonderer Weise durch die Stimme geprägt wird. Es ist die Stimme des Ende Juni verstorbenen, südafrikanischen Dichters Adam Small. Sie ist in hohem Maße bewegend. Kein Film hätte die Bedeutung unseres Themas eindrucksvoller präsentieren können.

Die sechs Essays unseres Thementeils stammen aus der Feder internationaler Kuratoren, Dichter, Filmemacher und Wissenschaftler. Drei Beiträge wurden während des Festivals in Weimar auf einem Colloquium vorgetragen. Die Wiener Kuratorin Sigrun Höllrigl plädiert für ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen Musik, Text und Filmsprache, bei dem sich die einzelnen Medien in minimalistischer Weise zurücknehmen und Raum geben. Die Kulturwissenschaftlerin Stephanie Orphal hebt im Anschluss an Roland Barthes die »Körnigkeit« der Stimme als ein wesentliches Merkmale des Poetryfilms hervor. Die Amerikanistin Martina Pfeiler diskutiert Filmbeispiele, in denen das Bildgeschehen durch die Stimme nicht nur semantisch unterwandert wird, sondern durch das Voice-over auch über den Text hinausgehende Bedeutungen erzeugt werden. Die kalifornische Performerin Julian Thirna versteht Dichtung als »verdichtete« Rede und berichtet aus ihrer eigenen Praxis, wie filigran und nuanciert das Instrument der Stimme Texte verändert. Der südafrikanische Filmemacher Diek Grobler erinnert daran, wie sich die Stimme eines Dichters über die Jahrzehnte wandelt und wie dies Einfluss auf die Gestaltung eines Poetryfilms gewinnen kann. Der kanadische Titeldesigner und Regisseur Justin Stephenson gewährt uns schließlich am Beispiel von bpNichol Einblicke in die Schwierigkeiten der Visualisierung von Soundpoesie.

Obschon die Analyse der Stimme längst zu einem etablierten Thema geworden ist, war es nicht einfach, Experten zu finden, die sich auf das noch unsichere Feld des Poesiefilms wagen wollten. Wir danken daher allen Beiträgerinnen und Beiträgern umso mehr, dass sie uns ihr Wissen und ihre Erfahrungen hier mitgeteilt haben.

Unser Blog wird Ende Dezember mit der nächsten Diskussionsrunde zum Thema »Typografie und das Wort im Bild« fortgesetzt.

Aline Helmke, Guido Naschert