Film des Monats Juni 2017 •
Der sozialkritische Kurzfilm Heartbreak (2017) von Dave Tynan erhielt beim zweiten Weimarer Poetryfilmpreis eine Special Mention der Jury. Grundlage des Films ist ein Spoken-Word-Text des irischen Schauspielers und Poeten Emmet Kirwan.
Was auf der Theaterbühne gut funktioniert, muss im Film nicht unbedingt Anklang finden. Wenn es doch passiert, ist etwas Besonderes entstanden. Der in diesem Jahr gleich mit seinem Erscheinen überaus populäre Kurzfilm Heartbreak trat seine Erfolgsgeschichte auf der Bühne an. Der Text zum Film stammt von Emmet Kirwan und wurde in der Kabarettshow Riot der Gruppe Thisispopbaby auf dem Tiger Dublin Fringe Festival im September 2016 uraufgeführt. Regisseur Dave Tynan war von Kirwans Auftritt beeindruckt: »Everyone in that tent felt the power of it and it’s been a privilege to turn it into a film and bring it to a wider audience.«
Kirwan ist heute einer der gefragtesten Performer und Schauspieler seines Landes, der souverän Spoken-Word-Poetry, Rap und Storytelling verbinden kann. Sein neuestes Stück Dublin Oldschool, in dem er auf seine eigenen Erfahrungen als Jugendlicher zurückgreift und das sehr offene Darstellungen von Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit enthält, war erst kürzlich noch im National Theatre in Dublin zu sehen und tourt derzeit durch das Land.
Heartbreak erzählt die Geschichte einer jungen Schülerin (Jordanne Jones), auch »Youngone« genannt, die schon als Teenager schwanger wird und ihren Sohn in einem Klima gesellschaftlicher Diskriminierung großziehen muss. Text und Film verfolgen ihr Leben von den frühen Teenagerjahren über die Schwangerschaft bis ins Studium. Erzählt wird eine Geschichte über den andauernden gesellschaftlichen Sexismus, gegen den sich »Youngone« am Ende auflehnt. In der Szene, die wohl den emotionalen Höhepunkt des Films bildet, begegnet sie auf der Straße einigen Männern, die Bemerkungen über sie machen und wendet sich zu ihnen mit den Worten zurück: »I am not defined by the fact that I am some man’s daughter, sister, cousin, mother. I am a woman and I have agency because I am breathing air, mother f****r!«
Autor und Regisseur sind sich der begrenzten Möglichkeiten bewusst, mithilfe des Films die soziale Situation zu verbessern: »If that happens, then it’s a happy consequence,« meinte Kirwan dazu in einem Interview. »As far as I’m concerned it’s done its job in the sense that it’s just out there. Whatever happens to it now is up to whoever sees it.«
Der ohne Förderung produzierte Film wurde innerhalb kurzer Zeit zu einem Erfolg in den sozialen Netzwerken und gewann sogar den irischen Film- und Akademiepreis für den besten Kurzfilm. Im Unterschied zum früheren, ebenfalls sehr erfolgreichen Poetry-Clip Just Saying aus dem Jahr 2012, in dem Kirwan durch die nächtlichen Straßen von Dublin schlendert und dabei in gewohnter Manier in die Kamera textet, entwickelt Tynan die Bildsprache durch Kombination von Clip-Format und Kurzfilm weiter. Der Film hält auf diese Weise Performance und fiktive Geschichte im Gleichgewicht. Beide spiegeln, intensivieren und beglaubigen sich gegenseitig.
Poetryfilm-Liebhaber werden durch Heartbreak nicht nur thematisch, sondern auch konzeptuell herausgefordert. Der Film lässt die Frage aufkommen, wie narrativ ein Poesiefilm sein soll. Die Diskussion darüber betrifft den Kern des Genres, das gerne auf der visuellen Ebene gegenüber plotgetriebenen Filmen durch Hinweis auf überraschende, phantasievolle oder assoziative Bildfolgen, Montagetechniken oder Fragmentästhetik abgegrenzt wird. In der Spoken-Word-Szene jedoch entstehen balladen- und moritatenhafte Texte, bei deren Verfilmung gerne auf narrative Muster zurückgegriffen wird, die aus Musikvideos und Kurzfilmen bekannt sind. Liebhaber des experimentellen Poesiefilms werden das »poetische Erzählen« in Heartbreak daher vielleicht auf visueller Ebene zu konventiuonell finden.
Derzeit laufen in Dublin die Dreharbeiten für eine weitere Kirwan/Tynan-Produktion. Diesmal wird auf der Grundlage von Kirwans Theaterstück Dublin Oldschool gearbeitet, das er als »garrulous sweaty craic« bezeichnet hat. Man darf gespannt sein, ob den Beiden mit diesem »schwatzhaften, verschwitzten Spaß» erneut ein Coup gelingt wie mit der Geschichte von »Youngone«.
HEARTBREAK (shooting draft) |
Heartbreaks Recently That’s was when Heartbreak Youngone is special, She always thought her first time would be in a bed, And i think when he said it She sits in a chemists cue So she bounces. Heartbreak But now Youngone’s wide awake Heartbreak. But her gaff is “look at her! she looks fine to me! Heartbreak. ‘how can you work your way out of the poverty and falling down/ Cos prices go up The boy grows tall and strong and school becomes a place for the two. And now Inspired by a brilliant teacher … And she’s still dealing with the ignominy “it’s only a bit a fun darling, take it as compliment” She says “Stop! Here, c’mere c’mere c’mere, look listen, understand!” (c) thisispopbaby 2017 |
Informationen zum Film |
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